Eigenbau-PV Anlage mit Speicher, nur Eigenverbrauch ohne Einspeisung und ohne Papierkram

  • Hi.

    Da die Strompreise förmlich explodieren, möchte ich eine PV Anlage errichten.


    Die Solarlanlage soll einen Speicher erhalten. Ich möchte den gesamten Strom selbst verbrauchen und nichts einspeisen. Ich möchte keinen großen Papierkram mit der Anlage haben und auch möglichst wenig dafür bezahlen.

    Um die Kosten gering zu halten, möchte ich, soweit möglich, Komponenten vom Gebrauchtmarkt bzw vom eBay Chinesen des Vertrauens verwenden und auch keine Solar-Fachfirma beauftragen.


    1. Die einfachste Möglichkeit:

    Ich kaufe im Internet ein Balkonkraftwerk-Komplettset, am Besten eins mit "Papieren". (Gibts da sowas wie eine ABE wie im KFZ BEreich?).

    Balkonkraftwerke kann und darf man meines Wissens auch selbst anmelden. Und dann die "ABE" irgendwo hinschicken?

    Man kann ja bei einem Balkonkraftwerk bis zu 600 W haben.

    Auf was bezieht sich das? theoretische Maximalleistung der Module? Oder Maximalleistung des Wechselrichters?

    Oder tatsächliche maximale Einspeiseleistung? Also z.B. bei 200W garantierter Grundlast dann 800 W Anlagenleistung?

    Darf es auch ein per Software "Gedrosselter" Wechselrichter sein oder bezieht es sich auf die tatsächliche technisch maximal mögliche Leistung?


    2. Nachteil eines einfachen Balkonkraftwerks

    Im Sommer produziert ein einfaches 600W Balkonkraftwerk schon mehr, als man als Grundlast hat. Gerade in der Mittagszeit, wenn das meiste von der PV Anlage kommt, ist man auf der Arbeit und man schenkt viel Strom dem Netzbetreiber.

    Man könnte es abmildern, in dem man über die 230V Ebene separat einen Speicher anschließt. Über einen Shelly PM am Wechselrichter wird die Leistung erfasst und ab einem bestimmten Durchfluss der Speicher eingeschaltet.

    So ein Speicher kann im einfachsten Fall so eine große "Powerbank" sein, die seit ca mitte dieses Jahres fast überall verkauft werden. (Z.B. als Solar-Notstromaggregat, da ist dann auch nochmal ein Mini Solarpanel dabei bzw. als Zubehör erhältlich)

    Die Dinger haben ab ca 0,3 kWh Speicherleistung und liegen Preislich bei Weitem unter richtigen PV Speichern.


    3. Größere Anlage mit Hybridwechselrichter bzw "Grid Tie Inverter"

    Man könnte sich natürlich auch einen Victron Multi Plus II oder einen anderen günstigeren "Hybridwechselrichter" gönnen. Z.B. Growatt. Oder auch die richtigen "Chinakracher", die dann als "Grid Tie Inverter" für kleines Geld in der Bucht zu finden sind.

    An den Hybridwechselrichter kann man dann auch Akkus anschliessen. Meisstens 24V Bleiakku System, Teilweise auch 12 oder 48V. Bleiakkus sind momentan ja noch wesentlich günstiger, als Lithium. Wenn ich auf AGM Akkus vom Gebrauchtmarkt zurückgreife, wird es nochmal günstiger.


    Es ist nur die Frage, ob so ein Multi Plus noch als "Balkonkraftwerk" irgendwie durch geht. Wenn überhaupt, dann vielleicht noch der Victron, mit Glück evtl der Growatt, die Chinateile wohl ehr nicht.


    4. Alibi-Balkonkraftwerk

    Vielleicht ist es Sinnvoll, sich ein "Balkonkraftwerk - Set" als Alibi zu kaufen und damit erst mal die Anmeldung durch zu bekommen.

    Irgendwas günstiges aus der 300 W Klasse, aber mit 2 String-Eingängen. Gibt es von ein paar Herstellern.

    Am ersten String Eingang hängt das "120Wp Alibi-Panel". Am zweiten Stringeingang hängt ein regelbarer DCDC Wandler. Und zwar ein CC-CV Buck-Boost, den man so einstellt, dass das MPPT des Wechselrichters irgendwo auf 100-150W läuft.

    Man müsste lediglich einen Modul-Wechselrichter finden, der definitiv nicht abraucht, wenn man da Eingangsseitig etwas anderes als ein Solarpanel dranhängt.

    Hinter dem DCDC Wandler kommt dann eine Eigenbau-Inselanlage mit 24V Bleiakkusystem, Laderegler vom Chinesen und Panels vom Gebrauchtmarkt.


    5. Inselanlage

    Inselanlagen sind meines Wissens von allen Regelungen befreit (bis auf Baurecht) und dürfen auch als "Bastelanlage" errichtet und betrieben werden.

    Das geht dann ja alles mit gebrauchten Teilen oder vom Chinesen.

    Bei mir würde das bedeuten, dass ich die richtigen Grossverbraucher, wie z.B. Waschmaschine und die komplette Küche auf dem normalen Netz lasse. Wohnzimmer usw aber auf die Insel hänge. Dafür müsste ich einen Wechselrichter mit ca 3-4 kW installieren. Wenn man keine Premiummarke nimmt sondern sowas wie z.B. Growatt, dann ist das noch im erträglichen Rahmen.

    Zusätzlich müsste ich einen ATS (Automatischen Transferschalter) installieren, der auf Normalnetz umschaltet, bevor der Wechselrichter überlastet wird oder wenn die Akkus leer sind.

    Vielleicht könnte man auch einen Hybrid-Wechselrichter nehmen, aber einen der technisch gar nicht einspeisen kann.


    Falls ein Festanschluss problematisch wäre, z.B. weil man dann rechtlich den Status einer Insel verliert, dann muss eben eine CEE Dose gesetzt werden, an die man dann mit der Anlage ran geht.



    LG

  • Hallo Elias,


    mit einem Balkonkraftwerk würde ich nicht anfangen. Zu wenig Effekt. Auch die Pseudo-Speicherlösung macht es nicht besser.


    Die Alibi-Variante ist unnötig. Ein Balkonkraftwerk sollte zwar formell angemeldet werden - praktisch ist das jedoch unnötig. Ich möchte hier keinen religiösen Disput eröffnen - wer seine Balkonanlage anmelden möchte, kann das natürlich machen. Die gelebte Rechtspraxis in Deutschland zeigt jedoch, dass die Nichtanmeldung von Balkonanlagen nicht geahndet wird. Die folgenschwerste Sanktion bei fehlender Anmeldung ist der Verlust der Einspeisevergütung, was bei einem Balkonkraftwerk ohnehin bedeutungslos ist. Das vielzitierte Bußgeld auf Basis des EEG ist ebenfalls irrrelevant, da in Deutschland bisher kein einziger derartiger Sanktionsfall bekannt geworden ist, und das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch so bleiben wird.


    Inselanlagen gibt es auch in der Off-Grid-Hybrid Variante mit Netzanschluss. Diese Art Inselanlagen werden auch als "Inselanlage mit Netzunterstützung" bezeichnet. Für solche Inverter ist weder eine Anmeldung im Marktstammdatenregister, noch die Genehmigung deines Netzbetreibers erforderlich. Auch wenn Netzbetreiber und VDE Fundamentalisten immer wieder §13 Abs. 2 der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) zitieren, wird es dadurch nicht wahrer. Ohne Einschränkungen gilt die NAV bis einschließlich Zähler und Hausanschlusssicherung (Hauptsicherung). Für alles was hinter dem Hausanschluss kommt, gilt die NAV nur dann, wenn durch die Anlage mit "schädlichen Rückwirkungen" auf das Netz zu rechnen ist, oder eine signifikanten Mehrbelastung des Netzes wahrscheinlich ist. Schädliche Rückwirkungen sind bei einem On-Grid Inverter durch das technische Konzept des Einspeisens tatsächlich möglich - daher gilt hierfür eine Anmeldepflicht. Off-Grid Hybrid Inverter hingegen können prinzipbedingt keine schädlichen Rückwirkungen auf das Netz verursachen. Hintergrund ist die Tatsache, dass dieser Gerätetyp keinen Strom ins öffentliche Netz einspeisen kann. Auch mit signifikanten Mehrbelastungen des Netzes durch eine Off-Grid-PV Anlage ist nicht zu rechnen - eher mit dem Gegenteil.


    Stichwort "Bastelanlage": Grundsätzlich muss jedes elektrische Gerät den gültigen EU Vorschriften genügen (CE Kennzeichnung). Das gilt für in der EU hergestellte Geräte ebenso, wie für Geräte aus Fernost. In der Regel stellen auch fernöstliche Hersteller alle erforderlichen Zertifikate für den Vertrieb in die EU bereit - man sollte sich jedoch vor dem Kauf darüber informieren. Ob du die Anlage selber installierst, oder vom Fachmann anschließen lässt, ist rechtlich gesehen Deine Entscheidung. Wie bereits oben erwähnt, endet das per NAV geregelte Fürstentum des Netzbetreibers nach dem Zähler am Hausanschluss. Es gibt in Deutschland kein Gesetz, welches dir das Heimwerken an deiner Hauselektrik untersagt. Was es jedoch gibt, sind Regelwerke wie die VDE Richtlinien für die Einhaltung technischer Standards. Du solltest also wissen was du tust, oder einen Elektriker um Hilfe bitten. Aufgrund der zivilrechtlichen Relevanz solcher Arbeiten (Versicherung, Personenschaden, etc.) , solltest du zumindest für den den finalen Anschluss der PV-Anlage einen Fachbetrieb in Erwägung ziehen.


    Fazit: Eine Inselanlage mit Netzanschluss ist die beste Variante zur Umsetzung deiner Solarpläne. Ein Festanschluss stellt kein Problem dar. Trickreiche Dosen- oder Schalter-Konstrukte zur Verschleierung des Netzanschlusses sind unnötig oder sogar kontraproduktiv.


    Viele Grüße vom Solarbringer

  • Off-Grid Hybrid Inverter hingegen können prinzipbedingt keine schädlichen Rückwirkungen auf das Netz verursachen. Hintergrund ist die Tatsache, dass dieser Gerätetyp keinen Strom ins öffentliche Netz einspeisen kann. Auch mit signifikanten Mehrbelastungen des Netzes durch eine Off-Grid-PV Anlage ist nicht zu rechnen - eher mit dem Gegenteil.

    transparenterweise sollte man erwähnen, dass das Deine persönliche EInschätzung und Meinung ist. Oder kannst Du genau sagen was passiert, wenn im China-Offgrid-Wechselrichter intern was durchschmort, ob er dann nicht doch ganz oder teilweise einspeist und somit schädliche Auswirkungen auf das Netz hat? Hast Du das mal mit allen Bauteilen einzeln geprüft?

    Vermutlich nicht, und solange das nicht der Fall ist wird sich der Netzbetreiber immer genau darauf beziehen, dass eben doch Offgrid-Wechselrichter, wenn sie an das Hausnetz angeschlossen werden, per Definition keine Inselanlage mehr darstellen und somit allen Anmeldeverpflichtungen nachkommen müssen.


    Lässt sich aber im Zweifel ganz einfach herausbekommen: Telefon schnappen, Netzbetreiber anrufen, Frage stellen: "Können Sie mir das bitte schriftlich bestätigen, dass ich meinen China-Offgrid-Wechselrichter am Hausnetz ohne Anmeldung betreiben darf?"


    Dauert fünf Minuten, kostet kein Geld - und dennoch habe ich sowas bislang noch nicht gesehen.

    Von daher: Kaffeesatzleserei und persönliche Vermutungen und alles andere als rechtssicher, und darauf sollte man auch Fragenden diesbezüglich hinweisen.



    Zur Ausgangsfrage.

    was funktionieren wird wäre:

    1. Balkonsolaranlage kaufen und offz. anmelden

    2. Offgrid-Anlage oder eine netzparallele Hybridwechselrichterlösung mit Nulleinspeisung installieren. Wenn dann mal ein paar kWh eingespeist werden (was sich technich bei Nulleinspeisung nicht verhindern lässt) wird das niemandem auffallen da ja das Balkonkraftwerk installiert ist. Legal wird das dadurch natürlich nicht, aber schwerer zu entlarven und besser zu argumentieren als einfach eine Offgridanlage zu bauen und auf "Inselanlage" zu plädieren

Jetzt mitmachen!

Drei einfache Gründe:
- Austausch mit Photovoltaik Nutzer
- Infos zum Thema Stromspeicher
- Tipps zum Betrieb von PV

Registriere Dich kostenlos und werde Teil der Community!